Raphael Vallazza, CEO von Endian, wirft einen Blick auf das kommende Jahr, die sich abzeichnenden Herausforderungen und Chancen in der Cybersicherheit sowie die Rolle von KI und Digitalisierung in der Zukunft von Unternehmen.
Raphael, welche Erwartungen hast Du an das Jahr 2025?
Ich blicke sehr positiv auf 2025. Wir haben im vergangenen Jahr viel dafür getan, Endian für das erwartete Wachstum fit zu machen, indem wir neue Strukturen im Unternehmen etabliert haben. Das zahlt sich bereits aus: In der letzten Woche haben wir zwei spannende Projekte mit Systemintegratoren gewonnen, die aus meiner Sicht ein Vorgeschmack auf die kommenden Monate sind. Ich bin überzeugt, dass die Nachfrage weiter massiv ansteigen wird.
Natürlich sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen herausfordernd. Die Coronakrise hat viele Probleme verschärft, die eigentlich schon viel früher hätten angegangen werden müssen. Die Niedrigzinsphase wurde nicht genutzt, um nachhaltige Investitionen zu tätigen. Stattdessen wurden Unternehmen am Leben erhalten, die eigentlich keine Zukunft mehr haben. Jetzt sehen wir die Konsequenzen: Die Zahl der Insolvenzen steigt rasant, weil viele Unternehmen nur durch kurzfristige Maßnahmen über Wasser gehalten wurden.
In Italien spielt der nationale Wiederaufbauplan eine wichtige Rolle, der nach der Krise mit einem großen Investitionsprogramm in die Digitalisierung und andere Bereiche einhergeht. Hier wird viel Geld ausgegeben, aber es fehlt oft eine klare Strategie für die Zeit danach. Ich erwarte, dass eine wirtschaftliche Krise bevorsteht, doch Krisen bieten immer auch Chancen. Besonders für Europa könnte dies die letzte Gelegenheit sein, zusammenzuwachsen und nicht auseinanderzubrechen. Ein geteiltes Europa könnte zum Spielball zwischen den USA, China und Indien werden.
Wie hat sich die Situation der Cybersicherheit im letzten Jahr verändert und was erwartet uns in den nächsten 12 Monaten?
Die Komplexität der Cybersicherheit stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Es gibt eine Menge unterschiedlicher Tools, die nur mit hohem Fachwissen effektiv genutzt werden können. Bei Endian setzen wir auf die Vereinfachung der Prozesse, um Unternehmen dabei zu helfen, ihre Sicherheitslösungen effizient zu nutzen. Gleichzeitig sehen wir, dass die Regulierung immer strenger wird. Auch das hängt mit der Coronakrise zusammen: Die EU hat damals erkannt, wie verwundbar unsere Lieferketten sind und wie eng die Verzahnung von Unternehmen ist.
Die zunehmende Regulierung ist wichtig, um die Verantwortung zu übernehmen und für eventuelle Schäden, die durch Cyberangriffe entstehen, nicht immer andere zur Rechenschaft zu ziehen. Besonders hervorzuheben ist der Cyber Resilience Act, der alle Unternehmen betrifft. In naher Zukunft wird auch die EU-Maschinenverordnung relevant werden, die große Auswirkungen auf die Maschinenbauer und die gesamte Industrie haben wird.
Ein weiteres großes Thema ist die Umsetzung der NIS2-Richtlinie. In Italien wurde sie bereits in nationales Recht überführt, in Deutschland steht dies noch aus. Wir hoffen auf eine rasche Verabschiedung des Gesetzes, denn erst dann werden die Unternehmen beginnen, ernsthaft in Cybersicherheit zu investieren.
Welche Rolle spielt KI in der Cybersicherheit?
KI verändert die Landschaft der Cybersicherheit grundlegend. Angreifer können jetzt viel raffiniertere Angriffe starten, indem KI automatisch nach Schwachstellen sucht und die passende Software für einen Angriff entwickelt. Auch Phishing-Angriffe werden zukünftig schwieriger zu erkennen sein, da KI immer besser darin wird, wie ein Mensch zu schreiben.
Auf der anderen Seite kann KI auch für die Verteidigung eingesetzt werden. Bei Endian setzen wir KI bereits ein, um Angriffe frühzeitig zu erkennen und schnell Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Automatisierung der Geräte-Konfigurationen, um die Sicherheitsarchitektur zu verbessern.
Wie gut sind Unternehmen auf diese Herausforderungen vorbereitet?
Das Bewusstsein für Cybersicherheit ist grundsätzlich da, aber es gibt noch viel Aufholbedarf, insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs). Viele dieser Unternehmen können sich die hochentwickelten Sicherheitslösungen, die für größere Unternehmen oft erforderlich sind, nicht leisten. Hier setzen wir an: Unser Ziel ist es, ausgeklügelte Sicherheitslösungen auch für KMUs bereitzustellen, die leicht zu bedienen, leistungsstark und gleichzeitig bezahlbar sind.
Eine weitere große Herausforderung sind die externen Partnerschaften, etwa im Bereich der Fernwartung. Diese komplexen Beziehungen müssen durch klare und granulare Netzwerksegmentierung sowie eine präzise Verteilung von Rollen und Berechtigungen abgesichert werden.
Was bietet Endian Unternehmen, um diesen Herausforderungen zu begegnen?
Ein zentrales Thema für Unternehmen im Rahmen der Digitalisierung ist die sichere Vernetzung von IT und OT (Operational Technology). Das gelingt nur mit einer ganzheitlichen Lösung, die beide Bereiche berücksichtigt, ohne die Sicherheit zu gefährden. Unsere Secure Digital Platform, die wir 2025 stärker in den Fokus rücken wollen, bietet genau diese Lösung. Sie besteht aus mehreren Komponenten – von Gateways über Management-Tools bis hin zu Lösungen für die Vernetzung von Endpunkten – und liefert alles, was Unternehmen für eine sichere und effiziente Digitalisierung benötigen. Dabei legen wir großen Wert auf Einfachheit.
Wie gewährleistet Endian die Sicherheit bei der Datenkommunikation zwischen Maschinen und Anlagen?
Ein zentrales Sicherheitsprinzip bei Endian ist die Segmentierung. Wir schaffen kleine, abgeschottete Segmente, die aber dennoch miteinander kommunizieren können. Diese Segmente gestatten keine Verbindungen von außen nach innen, weil Angreifer diesen Verbindungsweg als Einfallstor nutzen könnten. Um die Sicherheit zu gewährleisten, bauen die Systeme innerhalb eines Segments die Verbindung von innen nach außen auf. Wir ermöglichen das, indem Docker auf einem Gateway innerhalb eines Segments läuft und die Daten von innen nach außen schicken können. Diese Lösung funktioniert sowohl im IT- als auch im OT-Bereich und ermöglicht es Unternehmen, ihre digitalen Geschäftsmodelle sicher umzusetzen.
Woran will Endian in 2025 arbeiten?
Für uns ist das Endian-Ökosystem ein wichtiger Bestandteil der Zukunft. Es umfasst nicht nur unsere Solution Partner, die unsere Plattform erweitern, sondern auch Unternehmen, die auf dieser Plattform neue Lösungen aufbauen. Außerdem arbeiten wir daran, unsere Business-Partner klarer zu definieren, um so auch die Zusammenarbeit mit OEMs, Channel Partnern und Systemintegratoren weiter zu intensivieren.
Ein zunehmend wichtiger Bereich für uns sind die Systemintegratoren sowie die Managed Service Provider. Mit der Edge-Computing-Funktionalität, die über Docker realisiert wird, können wir unsere Plattform so erweitern, dass Unternehmen skalierbare, standardisierte Services anbieten können. Dies wird es uns ermöglichen, vom Projektgeschäft hin zu einem modellbasierten Ansatz zu wechseln.
Fazit: |
Das Jahr 2025 wird für Europa und die Unternehmen gleichermaßen herausfordernd und chancenreich. Die zunehmende Digitalisierung, die wachsende Bedrohung durch Cyberangriffe und die strengeren Regulierungen stellen Unternehmen vor neue Aufgaben. Gleichzeitig bieten diese Entwicklungen aber auch die Möglichkeit, durch innovative Sicherheitslösungen und die enge Zusammenarbeit innerhalb von Ökosystemen gestärkt aus der Krise hervorzugehen. |